Aktuell_Wir können mit wenig ... Kulturkoffer_Bericht HAZ - Deister Calenberger Land
„Wir können mit wenig viel bewirken“
Gehrden. Es war wenige Tage vor Weihnachten im Jahr 2018, als die Schulklasse 3a der Grundschule Groß Munzel die Marienstift-Tagespflege in Barsinghausen besuchte. Die Schüler trugen Weihnachtslieder und Gedichte vor und bereiteten den Senioren damit eine schöne Zeit. Es war die erste Aktion des damals neu ins Leben gerufenen Kulturkoffers des Lions Club Deister Calenberger Land. In unregelmäßigen Abständen folgten Auftritte von Sängern, vom Bläserkreis und vielem mehr in weiteren Einrichtungen. Die Idee war, kulturelle Ereignisse zu den Menschen zu bringen, die nicht mehr mobil sind und an auswärtigen Veranstaltungen nicht teilhaben können. Was zunächst als sporadisches Projekt begann, ist heute eine etablierte monatliche Aktion, die vor allem eines schafft: menschliche Nähe.
„Meine Idee war damals, etwas für Senioren anzubieten. In unserem Lions Club gab es das noch nicht“, erinnert sich Hannelore Krage, die als engagiertes Clubmitglied das Thema in die Hand nahm. Demnach hatte es bislang zwar schon zahlreiche Angebote für Kinder und Jugendliche gegeben, aber nichts für Ältere. Krage, die seit 30 Jahren im Kulturverein Bad Nenndorf aktiv ist, initiierte daraufhin Theaterfahrten für Senioren nach Bad Nenndorf. Eine Aktion, die dankbar angenommen wurde: Kleine Gruppen aus Pflegeheimen aus Wennigsen, Barsinghausen und Egestorf nahmen damals daran teil und erhielten für ein Jahr lang ein Theater-Abonnement. Im Anschluss an die Theaterfahrten erfand Krage den sogenannten Kulturkoffer. Er steht sinnbildlich dafür, dass er bei jedem Heimbesuch eine andere kulturelle Veranstaltung im Gepäck hat. „Kultur und Erleben fördern die seelische Gesundheit“, sagt Krage über ihre Beweggründe.
Berührende Momente
Es sei ihnen wichtig, alle Generationen abzudecken, ergänzt Lions-Club-Präsidentin Antrud Schröder. Zum Ende dieses Monats endet ihre Amtszeit, für die grundsätzlich ein Jahr vorgesehen ist. Sie blickt mit Freude, Stolz und Emotionen auf die Veranstaltungen des Kulturkoffers zurück, der sich besonders während ihrer Präsidentschaft zu einer regelmäßigen Institution entwickelt hat. Einmal pro Monat findet in wechselnden Einrichtungen eine Vorführung statt, seit Juni vergangenen Jahres waren es also insgesamt zwölf Veranstaltungen. Sechs Einrichtungen in Barsinghausen, drei in Wennigsen, drei in Ronnenberg und zwei in Gehrden profitieren mittlerweile von dem Angebot. „Wir werden überall mit offenen Armen empfangen, und bei den musikalischen Darbietungen gibt es immer sehr berührende Momente“, sagt Schröder. Es sei schön, zu sehen, wie die alten Menschen sich freuen.
Ob sie besondere Momente in Erinnerung behalten habe? Die Lions-Club-Präsidentin erinnert sich vor allem an eine Kulturkoffer-Aktion, an der ein schwer dementer Heimbewohner und seine Tochter teilnahmen. „Verbal fand zwischen den beiden nicht mehr viel statt“, sagt Schröder. Doch das Konzert und die Musik hätten der Tochter die Möglichkeit gegeben, ihren Vater wieder anders zu sehen. „Das ist mir sehr zu Herzen gegangen.“
Regionale Kulturschaffende
Für die Auftritte holt Hannelore Krage, die sich allumfassend um die Organisation des Kulturkoffers kümmert, regionale Darsteller ins Boot. Ob der Senioren-Bläserkreis Ronnenberg, das Vokalensemble Schreyhälse, die A-capella-Gruppe Schallbonbons oder ein ehemaliger Opernsänger – Krage hat stets Ideen und die Kontakte, um den Heimbewohnern etwas zu bieten. Künftig könne sie sich zur Abwechslung einen Märchenerzähler oder einen Zauberer vorstellen. Auch die Theaterfahrten sollen wieder aufgenommen werden, wenn die Heime Interesse zeigen.
Auszeit für Personal
Das Budget, das der Lions Club jährlich für das Projekt zur Verfügung stellt, reicht laut Krage stets aus. „Es sind ja alles keine Profimusiker. Aber im vergangenen Jahr war am Ende noch Geld übrig, daher darf es in Zukunft auch mal mehr kosten“, sagt das Lions-Mitglied. Die Heime jedenfalls seien an Fortsetzungen interessiert.
Dies könnte nicht zuletzt auch mitunter den Grund haben, dass neben den Heimbewohnern auch das Personal in den Genuss der Vorführungen kommt. „Es ist für die Pflegerinnen und Pfleger eine Auszeit, und sie erleben die Bewohner auch noch mal anders als im Alltag“, erläutert Schröder. Auch Angehörige und Betreuer seien dabei, man komme ins Gespräch. Für die Bewohner biete sich hier soziale Teilhabe, ergänzt Krage. „Und auch für uns ist es immer ein schöner Nachmittag“, sagt Schröder. Es seien stets drei Club-Mitglieder bei den Veranstaltungen vor Ort.
Rückblickend auf das Jahr ihrer Präsidentschaft zieht Antrud Schröder ein überaus positives Fazit aus dem Kulturkoffer-Projekt. „Hannelore Krage, Brigitte Gellert und ich waren ein gutes und schnelles Team. Wir haben uns gegenseitig motiviert – das hat wirklich Spaß gemacht.“ Außerdem schätze sie insgesamt das sinnstiftende Projekt des Lions Clubs – hier könne man mit wenig viel bewirken.